„Gelebte Nachbarschaft ist Anerkennung des Andersseins“
Nachbarschaftsräume bergen großes Potential für Sozialraum
„Der Begriff der Nachbarschaft stellt eine Beziehung zu mir und einem Menschen her. Es kann sein, dass ich mit diesem Menschen so gut wie nichts gemeinsam habe, dennoch ist er mein Nachbar“, führte sie aus.
„Wir sind Nachbarn alle.“ So lautete der Slogan einer Kampagne der Diakonie Deutschland zur Zeit der Flüchtlingsströme. „Der Satz macht darauf aufmerksam, dass jeder und jede mir ein Nächster oder eine Nächste sein kann, und dass ich es ihm oder ihr ebenso bin.“
„In einer Zeit, in der sich Lebensentwürfe so ausdifferenzieren und Lebensformen sich so unterscheiden, in der es auch in einem Dorf oder Stadtteil doch ganz unterschiedliche Milieus und Biographien gibt, da wird gelebte Nachbarschaft in den neuen Nachbarschaftsräumen zu einer Anerkennung des anderen in seinem Anderssein. In dem Glauben, dem Wissen, der Hoffnung, dass dieser Menschen genauso Teil der Schöpfung Gottes ist wie ich es bin.“ Der Nachbarschaftsraum sei „keine vergrößerte Kirchengemeinde mehr wie wir sie bislang kennen“.
„Fragen Sie nicht, was Menschen brauchen. Fragen Sie, was sie wollen“, zitierte sie Maria Lüttringhaus, eine Expertin für Sozialraumarbeit. Wenn die Nachbarschaftsräume tatsächlich den Menschen die Möglichkeit biete, dass sie das tun können, worin sie einen Sinn für sich sehen, dann entstünden neue Möglichkeiten, so Beiners Erfahrung. „Auf einmal entsteht in einem Gemeindehaus eine Foodsharing-Aktion; alle bringen etwas mit und kochen gemeinsam und essen gemeinsam. Wo vorher ein Gemeindehaus leer stand, wird es plötzlich munter. Wo vorher eine Kirche nicht mehr genutzt wurde, entsteht plötzlich ein Café, ein Lesetreff.“
Hierfür müsse man auf den unterschiedlichen Leitungsebenen viel Freiraum schaffen „und alles, was aus unserer Binnensicht nötig erscheint, aber aus einer Perspektive auf die Organisation überhaupt nicht mehr verständlich zu machen ist, abschaffen“, sagte sie selbstkritisch.
So sei der digitale Raum schon längst eine Art Nachbarschaftsraum geworden, in dem sich Menschen über lokale Grenzen hinweg zusammenfänden. „Das ist ein Ort, den wir zwar nutzen, aber dessen Potential wir für die Organisation Kirche noch keineswegs ausschöpfen.“
Ein Vorteil des Teamgedanken in den Verkündigungsteams ist es, dass die Mitarbeitenden mehr nach ihren Begabungen und Schwerpunkten eingesetzt werden können. Mit den künftigen Verkündigungsteams „wird die Vielseitigkeit zum Organisationsprinzip.“ Eine solche Organisation löse in gewisser Weise die Vorrangstellung des Pfarramtes ab – zugunsten dieser Vielseitigkeit. „Es wird zu einer Kirche der vielen Gaben und vielen Gesichter“, führte Dezernentin Beiner vor den knapp 80 Delegierten aus.